Totimpfstoff: Schutz aus dem Reagenzglas
Ein kalter Sprüher, die Nadel, das Pflaster – was für einige nur wenige Sekunden dauert, wird für andere zur gefühlten Ewigkeit.
Dennoch treibt es die meisten von uns zum Hausarzt, wenn das Impfbuch Alarm schlägt. Doch was ist eigentlich eine Impfung? Wie funktioniert eine Immunisierung? Was ist so besonders an einem Totimpfstoff und was sollten Sie tun, wenn Sie eine Impfung versäumt haben?
Impfung: Die Geschichte
Der Begriff „Impfung“ oder auch „Vakzination“ stammt aus dem 18. Jahrhundert. Zu diesem Zeitpunkt wüten die Pocken in Europa, reihenweise sterben Menschen. Insbesondere Babys fallen dem tückischen Ausschlag mit hohem Fieber zum Opfer. Nach viel Qual und Elend gelingt schließlich die Kehrtwende! Der britische Arzt Edward Jenner beweist Mut und infiziert einen Jungen vorsätzlich mit Kuhpocken. Heute eine Straftat und undenkbar. Genial ist jedoch die Idee dahinter: die Immunisierung des menschlichen Körpers gegen Krankheitserreger.
Der Arzt ritzt die Viren unter die Haut des Jungen – Spritzen gibt es zu dieser Zeit noch nicht – und macht eine spektakuläre Beobachtung. Der Junge entwickelt eine Immunität gegen die menschlichen Pocken. Damit erreicht Jenner einen Meilenstein in der Medizin. Er nennt seinen Wirkstoff in Anlehnung an das lateinische Wort für Kuh (vacca) „Vaccine“ und schafft damit die Grundlage für die über 200 Jahre anhaltende Forschung in diesem Bereich.
Totimpfung: wenn Erreger schützen
Heute unterscheiden wir zwischen Tot-, Lebend-, mRNA- und Vektorimpfstoffen. Die beiden Letzteren enthalten Baupläne für die Herstellung spezieller Proteine, die anderen echte Erreger. Aber eines haben alle gemeinsam: Sie trainieren unser Immunsystem für den Ernstfall.
Beim Totimpfstoff beinhaltet die injizierte Flüssigkeit abgetötete Krankheitserreger, die sich nicht mehr vermehren können. Dies geschieht meist durch physikalische oder chemische Prozesse, welche die Erreger unschädlich machen. Mit dem Pikser gelangt dann über den Inhalt der Spritze eine dosierte Menge dieser Krankheitserreger in unseren Organismus. Ab diesem Moment befindet sich unser Immunsystem in Alarmbereitschaft und wappnet sich für den Kampf gegen die Fremdlinge.
Wie funktioniert die Immunisierung?
Der Ablauf ist nahezu identisch mit dem einer natürlichen Immunisierung: Tagtäglich leistet unser Immunsystem wertvolle Arbeit, um uns vor allen möglichen Erregern zu schützen. Flimmerhärchen, Speichel, Tränenflüssigkeit, Bronchialschleim oder auch unsere Haut halten viele Krankheitserreger erst einmal fern. Gelangen die Fremdstoffe jedoch tiefer in unseren Körper, stellen sich ihnen spezielle Abwehrzellen in den Weg.
Diese Abwehrzellen bekämpfen die eingedrungenen Viren, Bakterien, Keime oder Pilze. Mal mit Leichtigkeit, mal mit einem gehörigen Kraftakt. Dadurch entstehen Antikörper. Treffen Körper und Erreger erneut aufeinander, erinnert sich das Immunsystem dank unserem sogenannten immunologischen Gedächtnis an die Plagegeister. Es erkennt sie und ringt sie mithilfe seiner Helferchen nieder.
Nach Verabreichung eines Totimpfstoffs passiert nichts anderes als die kontrollierte Abfolge dieser natürlichen Immunisierung – nur eben mit abgestorbenen Erregern, die aus der Spritze kommen. Sie werden zum Schutz vor Krankheiten eingesetzt, mit denen der Körper womöglich nicht fertig wird.
Zu der Familie der Totimpfungen gehören unter anderem Impfstoffe gegen folgende Krankheiten:
- Diphterie
- Kinderlähmung
- Keuchhusten
- Tetanus
- Hepatitis B
- Hib (Haemophilus influenzae Typ b)
Auffrischen nicht vergessen
Da Totimpfstoffe schnell abgebaut werden können, empfiehlt sich oftmals eine Auffrischung. Diese erfolgt dann meist in regelmäßigen Abständen und dient einer beschleunigten Immunreaktion.
Bei der Tetanus-Impfung erfolgt die erste Impfung im Alter von 2 Monaten. Wird der 4. Lebensmonat erreicht, kommt es zur zweiten Impfung. Im Alter von 11 Monaten ist es dann Zeit für die dritte Impfdosis, ehe im Vorschulalter erneut aufgefrischt wird. Danach führt uns die Tetanus-Impfung alle 10 Jahre zum Hausarzt.
Lebenslange Immunisierung mit Lebendimpfstoffen
Anders als bei den Totimpfstoffen enthalten Lebendimpfstoffe kleine Mengen lebendiger Erreger. Diese können sich zwar vermehren, sie sind jedoch so abgeschwächt, dass die Erkrankung nicht ausgelöst wird. In sehr seltenen Fällen kann es nach der Impfung lediglich zu einer leichten, aber nicht ansteckenden Reaktion kommen. Die Impfstoffe gegen Windpocken, Masern, Mumps und Röteln gehören beispielsweise zu den Lebendimpfstoffen.
Tot- und Lebendimpfstoffe im Vergleich
Wo die Totimpfung relativ schnell an Wirkung verliert, hält der Schutz der Lebendimpfung meist lebenslang. Ein absoluter Nachteil gegenüber der Totimpfung ist jedoch die Unverträglichkeit für immungeschwächte Personen. Durch die Immunschwäche können sich die lebendigen Erreger stärker ausbreiten und Risikopatienten möglicherweise schaden.
Impfung versäumt? Die passive Immunisierung
Verschwitzen wir die Impfung gegen bestimmte Krankheiten, so gibt es bei einer Infektion immer noch Möglichkeiten, das Leid abzuwenden.
Mit einer passiven Immunisierung in Form eines Antiserums lassen sich Krankheiten trotzdem kontrollieren und behandeln. Das Serum selbst besteht dabei aus der Blutflüssigkeit geimpfter Menschen oder Säugetiere. Die injizierten Antikörper stellen sich den Erregern sofort in den Weg. So können Krankheiten wie beispielsweise Diphterie, Hepatitis A und B, Masern, Röteln und Tetanus auch ohne Impfung bekämpft werden.
Heiß diskutiert
Die Impfung bietet seit ihrer Geburtsstunde viel Spielraum für Kontroversen. Innerhalb der Bevölkerung herrschen teils Angst und zahlreiche Meinungen. Die Wissenschaft argumentiert, dass sie wichtige Werkzeuge zum Schutz des Menschen gegen Krankheiten stellen. Doch nicht nur unsere eigene Gesundheit steht im Fokus. Das Wohlergehen unserer Mitmenschen und die Eindämmung von Krankheiten spielen ebenfalls eine übergeordnete Rolle bei der Nutzung von Impfstoffen.
Fakt ist: Ein funktionierendes Immunsystem ist der Schlüssel für ein gesundes Leben. Impfungen können dabei helfen, das Immunsystem für den Ernstfall zu rüsten. Doch sie sind bestimmt kein Allheilmittel für einen vitalen Lebensstil. Mindestens genauso wichtig für ein leistungsstarkes Immunsystem sind eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung. Zusätzlich können Sie mit Vitaminen und Mineralstoffen einen weiteren Beitrag zur Unterstützung Ihres Immunsystems leisten.